"Freundschaftsspiel - Johannes Spehr § Herbert Warmuth", Öl auf Papier, 2024, Annika van Vugt
Am Freitag, den 07.06.2024 um 18.00 Uhr eröffnet die Frankfurter Galerie Hübner & Hübner die Gruppenausstellung „Fußball“ mit Künstlern der Galerie und Gästen.
VENUS REBELLION ist eine neue Plattform zur Dokumentation von Ausstellungsprojekten.
Zu sehen ist hier auch die Dokumentation der Ausstellung "Selbst/sichtbar" an dem die Künstlerinnen Laura Baginski, Fides Becker, Bea Emsbach, Annegret Soltau, Caro Suerkemper und Annika van Vugt beteiligt waren.
Bundesverband Bildender Künstler
"Volker Bradke" - Installation
"Volker Bradke" - Eine audiovisuelle Installation von Annika van Vugt im Kulturlabor auf der Kultur Pop-Up Bühne des Vereins Kulturzeiter*in e.V. in der Frankfurter Innenstadt (Dezember 2021).
Miltenberg am Main
Frankfurt
Die Gruppenausstellung – „Lust“ – beginnt am 27.08.2021 um 18.00 Uhr / the groupexhibition – „Lust“ – starts August 27th at 6 pm
Das Video "Zeige Deine Wunde" wurde anlässlich des 100. Geburtstages von Joseph Beuys in der Veranstaltung "Hut ab - Kopf an" des Frankfurter ausstellungsraum EULENGASSE gezeigt. Die Arbeit stellt ein Mosaikstück aus einer von Annika van Vugt geplanten Gesamtinstallation über das Leben von Volker Bradke dar.
Mit EULENGASSE kannst Du aus Anlass seines 100. Geburtstags am Mittwoch 12.05.2021 von 16:00 bis 24:00 Uhr an einer Ehrung von Joseph Beuys in ganz besonderer Form teilnehmen: Mehr als 30 Künstler*innen erzählen, was Beuys mit ihnen und ihrem Werk zu tun hat, es werden Videos gezeigt, mit dem Publikum über ihre Werke diskutiert. Ausstellungsmacher*innen und Zeitzeug*innen berichten in Interviews von ihren Begegnungen mit der Person Beuys und seinem Werk.
For me diversity in cultural expression is the breeding ground for existence.
The origin per se is the cradle that harbours all variety-
combining, blending and releasing into freedom, as it pleases.
The world is in crisis-mode.
As of nowit is not yet agreed upon which future course we, as artists,may take.
I counter this with „the cave of Lascaux“!
Indeed a thought creates sounds, even, if it is only a single stroke of a brush.
Annika van Vugt 02/2021
Dr. med. A. Pschaick
"Chirurg", Öl auf Leinwand, 40 x 30 cm, Annika van Vugt
Dieses Portrait des Chirurgen Dr. med. A. Pschaick wurde von Annika van Vugt - im Rahmen ihres von der hessischen Kulturstiftung geförderten Projektes zum Thema Systemrelevanz - angefertigt. Van Vugt malt verschiedene Persönlichkeiten mit systemrelevanten Berufen/ Berufungen aus ihrem Umfeld und ihrer persönlichen Perspektive. Komplementär dazu fertigt sie zu jedem einzelnen Portrait Gegenstände an, die die Berufe symbolisieren. Alle Bilder sollen als Gesamtkunstwerk nach einer Besserung der pandemischen Lage in einer Schau präsentiert werden. Zu Beginn ihres Projektes dachte Annika augenblicklich daran Dr. Pschaick zu malen, da sie und ihre gesamte Familie, sehr gute Erfahrung mit ihm als Arzt gemacht hatten.
Leoš Janáček schuf mit seinem "Tagebuch eines Verschollenen“ einen Liederzyklus, bestehend aus 22 Liedern (Text nd Musik von 1917/19), in dem es um die Wandlung des Protagonisten vom Jüngling zum jungen Mann geht. Im Sinne einer Vereinigung von Musik, Poesie und Malerei hat Annika van Vugt an 22 Bildinterpretationen zu dem Liederzyklus gearbeitet. Die technische Realisierung geschah mit Ölfarben auf Büttenpapier (20 cm x 15 cm), in der mehrere Schichten übereinander gelegt werden. Von großer Bedeutung für AnnikasArbeit am Liederzyklus ist das Verständnis einer triangulären Beziehung der Künste untereinander, in der jede einzelne Gattung emanzipiert für sich selbst stehen kann. So wie jedes Gedicht und jedes Lied auch alleine Wirkung entfalten kann, sieht ihr Konzept vor, dass auch jedes Bild für sich alleine sprechen kann. Dennoch sind die Entitäten nicht isoliert voneinander zu betrachten: Musik und Text vereinen sich im Liederzyklus zu EINEM Kunstwerk, Annikas Arbeit wiederum entfaltet eine Komposition, die für den Rezipienten zwar zunächst nur visuell, in ihrer Entstehung jedoch nicht ohne Einfluss der Arbeit Janáčeks ist und somit zwar keine Synthese der drei Künste darstellt, aber eine malerische Transformation und damit auch Vergegenwärtigung.
Die Arbeit ist zu sehen in der Galerie am Tor in Miltenberg (2020/21).
Die Falle
Annika van Vugt, (2016), Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm
In der Malerei ist das Kerzenmotiv traditionell zumeist eingebettet in der Darstellung von Szenen mit Menschengruppen oder Tätigkeiten am Abend oder in der Nacht, Geburtsszenen, Arbeitende am Schreibtisch, Hausarbeit usw. Erst in der Moderne entwickelte sich die Kerze zu einem immer wiederkehrenden eigenständigen Motiv, so z.B. bei Beckmann, Picasso, Magritte oder gar Gerhard Richter. In erster Linie dient die gemalte Kerze also der Inszenierung von Hell und Dunkel. Aber sie hat immer auch eine hintergründige Bedeutung: sie ist Vanitas-Symbol und seit Freud gar Phallus-Symbol. Die Kerze und ihr scheinendes Licht stehen im christlichen Glauben für die Anwesenheit Gottes. Zusätzlich steht das Licht im Kontrast zur Dunkelheit und Finsternis. In der Bibel wird Licht auch oft als Zeichen der Hoffnung verwendet.
„Gerhard Richter verschafft ihr mit seinem grandiosen keuschen Bild „Kerze“ (1982) den denkbar würdigsten Abschied: es ist ein hinreißend deliziöses Gemälde. Vanitas: ja – Vanitas: nein. Diese Kerze brennt ewig. Zeit und Ort sind überwunden, sie ist zeitlos und ortlos. Sie leuchtet nur noch, ohne etwas zu beleuchten. Sie ist zwecklos. Sie ist die Kerze an sich. Summa maxima. Die erotische Spekulation - falls überhaupt noch zugelassen – assoziiert einen schönen Jüngling, der seine Triebe wohltemperiert auslebt, cool & clean,für immer jung.......... Fünf Jahre nach Gerhard Richter besiegelte der Videokünstler Nam June Paik mit seiner Installation „One Candle“ (1988) das Verschwinden der Kerze aus der bildenden Kunst - für immer?“ (Die Kerze in der Kunst. Eine virtuelle Ausstellung. (Die Kerze in der Kunst. Eine virtuelle Ausstellung)
Ganz offensichtlich nicht für immer. Bei Annika van Vugts „Die Falle“ (2016) kommen mehrere dieser Aspekte zum Tragen. In Öl auf Leinwand lässt sie den von rechts kommenden Luftzug erahnen, der die Flamme flackern lässt und zur Seite neigt. Wohl ein offenstehendes Fenster oder versucht gerade jemand, die Kerze auszublasen? Wird sie im nächsten Augenblick gar erlöschen? Erloschen jedenfalls ist bereits das irdische Dasein vierer Insekten, die im Kerzentalg (für die Ewigkeit?) konserviert sind. Der für uns gemütlich anmutende Kerzenschein wurde zur tödlichen Falle für die sonst mit großer Leichtigkeit im Sonnenlicht silbern schimmernden, umherflatternden Geschöpfe. In ihrer schimmernd durchsichtigen Leichtigkeit des Seins strebten sie dem Licht entgegen und opferten sich. Das Bild zieht die Blicke des Betrachters immer wieder magisch an und lässt den Gedanken freien Raum. Die altmeisterlich wirkenden Farben und der dunkle Hintergrund geben dem Bild fast etwas Surreales, Rätselhaftes. Zugleich strahlt es eine Ruhe aus, etwas Existenzielles, erfüllt es die Sehnsucht nach Wärme und Licht.
"In ihrer verfeinerten Lasurtechnik altmeisterlich anmutenden Portraits betreibt Annika van Vugt eine Art Wiedergutmachung an ihrem Künstlerfreund Volker Bradke. Als junger Mann 1966 von Gerhard Richter in richterscher Manier gemalt und gefilmt, wenig später in der Kunstszene degradiert, hat ihn dieses Schicksal vermutlich psychisch und in der Folge auch physisch zerstört. Mit ihren ´anti-richterschen`Portraits gibt Annika van Vugt dem ehemaligen Marburger Bürger sein Würde zurück" Edgar Zieser - Kunst in Marburg 2020. Eine Annäherung im Rundgang
"Annika van Vugt tastet in ihren Werken immer wieder Grundkonditionen des menschlichen Lebens ab, die vom Zeitlauf bestimmt werden. So hinterfragte sie bezüglich Vergangenheit und Gegenwart würdevoll den Lebenslauf eines alternden Mannes oder beschäftigte sich in anderen Bildern mit dem Sterben. Die Zukunft wird für sie durch Kinder vertreten. Jungen Lebewesen ist noch eine unfertige Zerbrechlichkeit eigen, die Annika van Vugt in die zarte Ausgestaltung der Körper legt, in den weiß-rosigen Flaum des Zickleins und den weichen Formen des Kinderkörpers. Beiden steht in aller Unschuld das Leben offen. In ihnen bilden sich noch nicht die Unwägbarkeiten des Lebens ab, ihr Dasein genügt sich in der Konzentration auf sich selbst."
Galerie Hübner & Hübner Grüneburgweg 71, Frankfurt/Main Eröffnung: Freitag 29.09 um 18 Uhr - Interview mit Annika van Vugt um 19.00 Uhr
Twilight
Annika van Vugt:"Twilight" (2017, oil on canvas, 24 x 30cm, in private collection)
Das Who is Who für Amorbach 2017
Annika van Vugt hat sich den Menschen dieser Stadt zugewandt. Es entstand eine Serie von Porträts von Amorbachern, die sich mit Freuden als Modell zur Verfügung stellten. Jedes Porträt schafft ein Abbild und dieses Bild des Menschen hat immer mit zwei Problemen zugleich zu tun: es geht einmal darum, die Wirklichkeit, die Erscheinung zu fassen, dann aber soll auch das innere Wesen der Person im Bild sichtbar werden. Im Begriff “Porträt”, der ja von “protrahere”, herausziehen kommt, ist diese Doppeltheit bereits angelegt: ein Nichtsichtbares soll sichtbar werden, gerade in der Darstellung der Wirklichkeit und zugleich - und das ist der innere Konflikt - wird in der Darstellung die Figur interpretiert, ihr Wesen beleuchtet. Im Verlauf der Entwicklung des Porträts wird dieses doppelte Anliegen immer wieder neu ausbalanciert, zeitgenössich ästhetische Erfahrungen zur Frage nach dem Menschenbild werden jeweils in der Darstellung selbst neu übersetzt und reflektiert. Jedes Porträt ist ein Schaufenster in die Person hinein, und so entwarf Annika van Vugt zudem ein Album, in dem schaufensterartig die einzelnen Personen in Vierzeilern (Berufsstand, persönliche Vorlieben, Träume, Visionen) beschrieben und in die komprimierte Form eines Sammelheftchens gebracht werden.
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FREIE INTERNATIONALE AKADEMIE AMORBACH 2017
Adorno-Award 2017
BERLIN: "NICHT NUR WEIBSBILDER" AT ARTFEIN GALLERY: 12.01. - 04.02.2017
Eröffnung Freitag, den 22.07. um 18h
Galerie Braubach five, Frankfurt.
Für De Lirio wird sie zum Beispiel und Vorbild: Margarete Mead, einer Pionierin im Feld der Anthropologie. Sie reiste in den 1920er Jahren nach Samoa und später vor allem nach Neu-Guinea, wo sie es wagte - eine weiße junge Frau des Westens - alleine unter Kannibalen und in sogenannten ‚primitiven’ Stämmen und zu leben. Sie gewann tiefe Einblicke in die Lebensgewohnheiten, kultischen Bräuche und sozialen Strukturen dieser von der westlichen Zivilisation damals noch wenig berührten Gemeinwesen.
Die uns alle heute immer noch innewohnende Sehnsucht nach dem Andersartigen, aber auch nach dem ‚Fremden in uns‘, möchten wir im De Lirio - Raritätenladen erfüllen. Bei uns soll jedes Bedürfnis seinen Fetisch finden.
Konzept: Caro Suerkemper
Angelika Arendt / Heike Kati Barath / Peter Böhnisch / Caro Bittermann / Conni Brintzinger / Peter Duka / Tom Dzieran / Die Weissenhofer: Matthias Beckmann, Jörg Mandernach, Uwe Schäfer / Tim Ernst / Tom Früchtl / Crislogo Furtado / Sabine Gross / Sebastian Gögel / Florian Haas / Bernhard Härtte / Margarete Hahner / Heike Hamann / Gabi Hamm / Paule Hammer / Stef Heidhues / Vanessa Henn / Irène Hug / Nico Ihlein / John Isaacs / Susanne Jung / Michael Kalmbach / Stefan Kaminski / Isabel Kerkermeier / Katia Kelm / Heike Kelter / Julia Kissina / Karen Koltermann / Svenja Kreh / Dirk Lebahn / Marko Lehanka / Nikolaus List / Catherine Lorent / Isa Melsheimer / Iris Musolf / Julia Oschatz / Nicole van den Plas / Katrin Plavcak / Livia Polidoro / Thomas Ravens / Gunnar Reski / Stefan Rinck / Agnes Rosse / Fred Rubin / Christoph Ruckhäberle / Manfred Schneider / Veronika Schumacher / Michael Schultze /Ulrika Segerberg / Heidi Sill / Martin Städeli / Ernst Stark / Tine Steen / Marc Soisson / Astrid Stricker / Caro Suerkemper /Alex Tennigkeit / Pierre Tilman / Rebecca Thomas / Peter Torp / Kata Unger / Annika van Vugt / Albert Weiss / Martin Wellmer / MajaWeyermann / Andrea Wilks / Stephen Wilks / Barbara Wille Galerie BRAUBACHfive Marcela Munteanu Braubachstr. 5 D-60311 Frankfurt
Volker Bradke at Gallery Hübner & Hübner Frankfurt, October 2015
Meine Geliebten (My Lovers) at gallery Hübner & Hübner, October 2015
„Ich dachte an das gespräch mit Nadjenka noch in Bern. ich sah sie unverwandt an dabei, wusste nicht, was mich an ihr so anzog. Nadjenka lacht, wenn sie richtig lachen kann, im flug. die langen hellen haare gehen mit ihr durch, ihre zähne überstrahlen die wolken. während wir sprachen, lagerte sich die bräunliche haut an ihrem hals unverrückbar in mir ab, und, ohne dass ich es wusste, war ich mir sicher, dass es möglich war, mich in sie zu betten. nie hätte ich damals so etwas zu ende gedacht! das gefühl, sie schon zu kennen, von früher um sie zu wissen, verstärkte sich mit der zeit.“[1]
Die Bildnisse sind auf Blickkontakt gemalt. Sie schauen die Malerin an. Giulio Paolini hat das 1967 genau realisiert: Auf Fotoleinwand reproduzierte er im Massstab 1:1 das kleine Bildnis eines Jugendlichen, gemalt von Giovanni Bellini, einem Maler der Renaissance. Er zog die schwarzweisse Fotoleinwand auf einen Keilrahmen auf. Den Titel „Bildnis eines jungen Mannes“ ersetzte er durch den Titel „Jüngling, der den Maler anschaut.“ Diese Umkehrung trifft voll auf die Bildnisse von Annika van Vugt zu. Es sind Frauen, denen die Künstlerin begegnet ist, die sie kennt, die sich ihr anvertraut haben. Also keine Modelle, die sie im Internet recherchiert hat. Frauen, denen die Künstlerin ihre Absicht erklärt hat, die zu ihr ins Atelier gekommen sind. Annika van Vugt hat die Frauen mit nacktem Oberkörper auch als stehende Akte fotografiert. Die Fotos sind Arbeitsmaterial. Das Merkwürdige ist, dass die fotografische Vorlage fast immer vom gemalten Bild abweicht. Die Abweichung, durch den Transformationsprozess bedingt, überträgt das Begehren in die Malerei. In der Malerei emotionalisiert sich das Begehren als ein anderes. Das gemalte Bildnis – Öl auf Leinwand in unterschiedlichen Ausmassen – ist ein durch Erinnerungsschichten gebildeter Resonanzraum. Das kann auch wörtlich verstanden werden, weil das Trocknen einer Schicht Tage beansprucht. Jede neue Schicht verändert das Bild, verwandelt es auch.
Die stehenden Akte erinnern an Zombies, als wären sie aus dem Hades zu uns in die Gegenwart zurückgekehrt, still, selbstbewusst, sich an sich selbst erinnernd.
Jetzt kommt jemand und sagt: „Das ist rückwärts gewandte Malerei!“ Der, der das sagt, ist nicht Künstler, sondern ein „Kunstbeflissener.“ Eine junge Generation von Künstlern hat die Entwicklung der Moderne – sagen wir mal ab Kandinsky 1911 – hinter sich gelassen. Natürlich generiert sich die Erzählung durch filmische Möglichkeiten. Aber entscheidend ist folgende Tatsache: Je stärker der Digitalisierungsprozess und die Abrufbarkeit von Informationen jeglicher Art voranschreitet, desto ausgeprägter erfolgt der Rückgriff auf die Tradition. Tradition ist im besten Sinne vergegenwärtigte Vergangenheit. Tradition meint die Errungenschaft der abendländischen Kultur. Ihr eingeschrieben ist der nackte (weibliche) Körper, zur Tabuzone überall dort erklärt, wo westliche Wertvorstellungen nicht gelten. Betrachtet man die weltweit gestreuten Biennalen, so behält die "politische Korrektheit" die Oberhand.
Die von Annika van Vugt praktizierte Umkehrung – im Sinne Paolinis – ist deshalb bemerkenswert, weil sie Kategorien auflöst und das Begehren in den Vordergrund stellt. Die Aneigung des Gegenstandes durch die Malerei ist keine Annäherung. Die nackten Brüste und der nackte Körper sind das physiognomische Pendant zum Antlitz.
Könnte man sagen, dass sich die Malerin in den Gegenstand der Malerei verliebt? Ich glaube schon, weil die Aneigung Überraschungen in sich birgt. Es ist wie bei einem Schriftsteller, der sich beklagt, dass der eine oder andere Protagonist die Eigeninitiative ergreift und nicht vom Autor geplante Wege geht. Aber gerade dadurch kann er eine unerwartete, eine verführerische und begehrenswerte Seite offenbaren, die den Schatten des Zwiespältigen mit einschliesst.
Die Bildnisse sind über den Zeitraum von einem Jahr entstanden. Annika van Vugt aber malt erst seit etwa zwei Jahren. 1983 geboren schloss sie ihr Studium in Erziehungswissenschaften ab. Sie hat sich die figürliche Malerei von der Pike an selbst beigebracht. Mit jedem neuen Bild ergab sich eine neue Erkenntnis, sowohl malerisch als auch auf die dargestellte Person bezogen. Das erklärt den Unterschied zwischen den Bildern.
Manchmal sitzt Annika van Vugt lange vor einem Bildnis und fragt sich: „Wer ist das?“, „Wie ist es geworden?“ Sie will ihr Gefühl in den Bildnissen erkennen. Um dies zu erreichen, braucht es die Abweichung, die Eigengesetzlichkeit der Malerei, die innere Vorbereitung, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Die Frau, die sie malt, muss die Malerei, die sie auffängt, lieben.
Nochmals zur Umkehrung: Sie ist verflixter, als man glaubt. Vielleicht deshalb, weil sie nicht revolutionär – im Sinne der Avantgarden – sondern subversiv ist. Das hat auch mit unserem heutigen Denken zu tun. Wir schauen weniger in die Zukunft, nehmen uns vielmehr selbst ins Visier. Das Positive daran ist, dass wir uns nicht in läppischen Globalisierungsdiskursen verlieren, sondern uns auf die Tradition berufen. Dass wir in der Lage sind, verloren gegangene bildsprachliche Ressourcen mit neuen, gegenwärtigen Inhalten zu aktivieren. Inhalte, die jenseits formalästhetischer Referenzen unser Bewusstsein bestimmen.
[1] Verena Stefan, „Häutungen“, München 1975, S.29
„Tausend Tode ist sie schon gestorben […] Und ihre kleinen Tode zeichnen dich.“
– über Identifikation in der Malerei Annika van Vugts
Es könnte den Betrachtenden einfacher nicht gemacht werden: finden sie doch den Zugang zur Malerei durch geschultes Sehen und visuelles Gedächtnis des Formalen. Annika van Vugts „Geliebte“ erfüllen zunächst den Wunsch nach einfacher Lesbarkeit: Ölmalerei auf sich ähnelnden Formaten, der Anschnitt der Figuren stets unterhalb ihrer nackten Brust. Sie treten aus einem dunklen, flächigen Hintergrund hervor. Durch die schlichte Einteilung in Vordergrund (der Figur) und Hintergrund (des nicht ersichtlichen Raumes) wird die Figur zum zentralen Motiv. Mitnichten ist jedoch von Mustern der Wiederholung zu sprechen, die den Blick zu schnell sättigen, die Lust des Schauens unterbinden. Die feinen Ausarbeitungen der Figuren van Vugts bieten ein erstaunliches Spektrum von Ausdruck und Körperlichkeit, das fast schon einer analytischen Studie gleichkommt: weibliche Brüste in der Vielfalt ihrer ungeschönten Natürlichkeit – nackt, zart, schwer, groß, klein, hängend, prall, symmetrisch, asymmetrisch. Anzüglichkeit oder Sexualisierung hat keinen Platz, der Blick entspannt sich gegenüber dem überfrachteten sexualisierten Bildkatalog von Medien und Internet. Hinzu fügt sich die Gestik des Körpers: wenngleich fast steif und meist frontal oder nur leicht in sich gedreht, bildet sie stets eine unmittelbare Einheit. Die Blicke der dargestellten Frauen fordern ein genaues Hinsehen ein, die Fülle ihres Ausdrucks konstituiert das lustvolle Schauen: kühle, kecke, entschlossene, zufriedene, selbstbewusste, traurige, ängstliche, weiche, entrückte Blicke. Alle spürbaren Gefühle kulminieren in den Augen der Figuren.
„Eine Seele, die durch die Augen zu sprechen vermag, kann auch mit Blicken küssen.“ (Gustavo Adolfo Becquer). Becquers beschriebener Empfindung entsprechend stellt die junge Malerin Annika van Vugt die Betrachtenden vor ihre Bilder. Sie gibt ihnen die Aufgabe, die Augen sprechen zu lassen und von tiefer Traurigkeit (XX, 2014) bis kesser Aufforderung (I, 2014) in ihre Welt einzutauchen, sich streicheln und küssen zu lassen von der zerbrechlichen Rohheit und Nacktheit ihrer Bilder.Der kunsthistorische Diskurs scheidet an dieser Stelle die Geister: Was von der Künstlerpersönlichkeit vermitteln Werke, bzw. dürfen sie überhaupt vermitteln? Ist es legitim, den Künstler/die Künstlerin in den Arbeiten zu suchen? Der aus der Literaturwissenschaft bekannten These vom ‚Tod des Autors’, wo jede Identität sich verlieren muss[1], steht die Person des Künstlers diametral gegenüber.Taucht man ein in das Namensregister, rattern Bilder im visuellen Gedächtnis vorbei, die in ihrer Fähigkeit zu berühren leicht mit Annika van Vugts Werken in Verbindung zu setzen sind: Maria Lassnigs durchtriebene Nacktheit, Marina Abramovićs unablässige Grenzgänge, Louise Bourgeois’ weiträumige Reflexion ihrer kindlichen Erfahrungen, oder etwa Cindy Shermans Identitätsfindung. Gleichwohl muss klar sein, dass nicht die Künstlerinnen in Vergleich gesetzt werden sollen, sondern ihr jeweiliger Umgang mit dem Sujet des eigenen Ichs, einer Identität, oder viel besser persönlichen Empathie.
Denn setzt man die "Geliebten“ in Bezug zur Malerin van Vugt in persona, kommt man nicht umhin, eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihr und den Figuren zu assoziieren. Durch Transfer ihrer individuellen Umstände auf die Figuren, schafft sie eine legitime Empathie zu ihrer Realität und bleibt in den Bildern auffindbar.
Stehen die Portraits noch in der Tradition ihrer seriellen Eigenschaften und formalen Neutralität, so begibt sich Annika van Vugt mit den lebensgroßen Aktmalereien (XXVI -XXVIII, 2014) auf eine neue körpersprachliche Ebene. Drei Frauen stehen nun auf festem Boden, präsent im Bild mit auffällig veränderten Haltungen: die Hände in die Hüfte stemmend, die Arme hängend oder vor der Brust verschränkt. Gleichsam leiten die Figuren – wie die vorangegangenen Arbeiten – den Betrachtenden über den Blick in den Gemütszustand der Frauen. Das Format scheint mit den Figuren inhaltlich gewachsen und die nun gänzliche Körperlichkeit der Frau lässt eine Erweiterung der Wahrnehmung ihrer selbstbewussten Weiblichkeit zu. Die Akte zeugen von einer Entwicklung in Person und Persönlichkeit, Offenheit und Körperlichkeit: Geschlechtlichkeit wird in Gänze sichtbar, Standhaftigkeit der Figuren erfüllt die vorangegangenen Anschnitte.
Verbindlich bleibt, was verbindlich bleiben soll: die Malerin bleibt präsent und malt ihre Figuren durch tausend Tode hindurch.
[1] Roland Barthes ordnet dem Schreiben den Raum zu, wo das Subjekt verschwindet, ein fotografisches Negativ entsteht; jede Identität ist verloren und dies beginnt mit der Identität desjenigen, der schreibt. Vgl. Roland Barthes: Der Tod des Autors. In: Fotis Jannidis (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart, 2000. S. 185–193.
14.02.2015 - Komposition von Laura Maria Bastian, 18 Uhr (Foto nach Idee von Inge Kersting)
Laura Maria Bastian
Komposition: Panta rhei - alles fließt
In welchen Beziehungen stehen Leben, Tod und Transzendenz? Wo verlaufen die Grenzen? Kann man diese Grenzen immer begreifen? Welche Rolle spielt hierbei die Malerei und die Musik? Welches Leben leben wir? ...Leben wir?
Die Komposition von Laura Maria Bastian steht in direkter Auseinandersetzung mit der Malerin und ihrem Werk. Sie kommt am 14.02.2015 um 18 Uhr in der Ausstellung "Meine Geliebten" zur Aufführung.
Musiker: Diego Ramos Rodríguez (Violine I), Laura Cromm (Violine II), Nadja Benkendorf (Viola), Elias Schomers (Violoncello)